Der Norden des Südens: Von Bozen ins Etschtal
Wer vom geschäftigen Treiben Bozens mit seinem farbenfrohen Obstmarkt und den romantischen Arkaden, den so genannten Lauben, einen Rundumblick wagt, sieht was den Norden der Region ausmacht. Vor einem massiven Hochplateau, dem Ritten, breitet sich der Bozner Talkessel aus, der im Westen vom Sarntal begrenzt wird. Eine Zahnradbahn verband von 1907 bis 1966 Bozen mit Klobenstein, dem Hauptort am Ritten. Heute verkehrt die Schmalspurbahn, die 2007 ihr 100. Jubiläum feierte, am Hochplateau zwischen den Ortschaften Oberbozen und Klobenstein. Unmittelbar über der Stadt ist das Klima angenehm frisch und bietet eine willkommene Abwechslung zur sommerlichen Hitze Bozens. Noch höher hinauf geht es von Pemmern auf 2260 Meter zum Rittner Horn. Von hier aus kann man an klaren Tagen bis zur Brentagruppe im Trentino sehen, aber auch das Ortlermassiv ist deutlich zu erkennen.
Westlich des Rittner Horns, kurz hinter Bozen, findet man eines der ursprünglichsten Täler Südtirols: Das Sarntal ist nicht nur für seine Bergwelt bekannt, welche die idealen Voraussetzungen zum Mountainbiken, Wandern und Wintersport bietet, sondern auch für sein traditionelles Kunsthandwerk, seine Familienfreundlichkeit und vor allem die Sarner Latsche. Das Öl des Nadelbaums hat heilende Wirkstoffe und wird hier zu pflegenden Wellness-Produkten verarbeitet.
Bleibt man in den steileren Lagen und fährt noch weiter gen Westen so gelangt man auf den Salten mit seinen Gemeinden Mölten und Jenesien. Der Name des Hochplateaus stammt vom lateinischen „saltus“, der Wald – kein Wunder, ist der Salten doch die größte Lärchenwiese Europas. Wer hier das alte Dorf Jenesien besucht, sollte unbedingt bei der kleinen, gotischen Kirche Halt machen. Sie wurde erstmals 1158 in einer Barbarossa-Urkunde erwähnt und ist erst kürzlich renoviert worden. Wenn man dagegen den Ortsnamen Mölten hört, denken Kenner sofort an Sekt, denn hier findet man die höchstgelegene Sektkellerei Europas, Arunda, der Familie Reiterer.
Im Etschtal, inmitten von Obstanlagen und Weingärten, liegt Terlan. Das Weindorf ist nicht nur für seine hervorragenden Weißweine bekannt, sondern auch für seinen Spargel. Auf dem Weg Richtung Süden findet man Andrian. 1893 wurde hier die erste – und somit die älteste – Kellereigenossenschaft Südtirols gegründet. Wer weiter in Richtung „Wein“ will, den führt der Weg durch das Überetsch nach Eppan, einen der Hauptorte der Südtiroler Weinstraße, die von Bozen über Terlan, Andrian und an weitere namhafte Orte wie Kaltern, Tramin, Salurn und Neumarkt vorbei bis Pfatten und Branzoll führt. Mit über 180 Burgen, Schlössern und edlen Ansitzen ist das Überetsch eines der burgenreichsten Gebiete ganz Europas. Das milde Klima der Region ist zum Wandern und Radfahren ideal. Der Kalterer See, wärmster Badesee der Alpen, liegt inmitten sanfter Rebhügel an der Grenze zu Tramin und lädt zum Badevergnügen ein.
Südlich im Süden: Das Unterland
Die Gemeinde Tramin mit ihrem historischen Dorfkern befindet sich bereits im Südtiroler Unterland. Wer den Namen „Tramin“ hört, denkt automatisch an den hier beheimateten Gewürztraminer oder vielleicht auch an den Egetmann Umzug, ein traditionelles Faschingstreiben, das hier an allen ungeraden Jahren am Faschingsdienstag gefeiert wird.
Auf einer kleinen Anhöhe, die auch als die „Sonnenterrasse des Unterlandes“ bezeichnet wird, liegt Kurtatsch an der Weinstraße. Im Tal gibt es weitläufige Obstplantagen, während an den Hängen rund und oberhalb der Gemeinde Wein angebaut wird. Nur 34 Kilometer vom italienischen Trento/Trient entfernt liegt „burgum bonum egne“, besser bekannt als Neumarkt. Die Marktgemeinde wurde 1189 durch den Bischof von Trient gegründet, heute bezaubert Neumarkt durch seine kleinen Laubengassen und Bauten im venezianischen Stil. Dicht bei Neumarkt bietet das Wandergebiet Naturpark Trudner Horn Erholung. Die Landschaft eröffnet eine Vielfalt an seltenen Pflanzen und Tierarten und ist mit seinem gut ausgebauten Streckennetz ein wahres Paradies für Wanderfreunde. Bei Aldein am Weißhorn hat sich der Bletterbach im Laufe von Jahrtausenden seinen Weg durch die verschiedenen Gesteinsschichten gegraben. Entstanden ist daraus ein faszinierender Canyon, der seinesgleichen in Europa sucht und seit 2009 zusammen mit den Dolomiten zum UNESCO Weltnaturerbe gezählt wird. Auf dem Westhang des Naturparks liegt Montan, das für seinen hervorragenden Blauburgunder bekannt ist. Wieder zurück im Westen auf der Weinstraße stößt man auf Margreid. Dicht an den Felswänden des Fennberges inmitten von Obst- und Weingärten liegt das malerische Dorf. Kleine Gassen, gotische Erker, steinerne Dorfbrunnen und schmiedeeiserne Gitter vor Rundbogenfenstern: Der Einfluss venezianischer und toskanischer Baumeister ist architektonisch nicht mehr zu verkennen. Und wer sich davon überzeugen will, dass Südtirols Süden eine wahre Wiege des Weins ist, der muss nur zum Augustin Haus von Margreid gehen, denn hier trägt die älteste Weinrebe Europas (datiert 1601) auch heute noch Früchte.
Salurn ist das südlichste Dorf Südtirols und des geschlossenen deutschen Sprachraums. Unterhalb der wildromantischen Haderburg, die auf einem spitzen Felsen thront findet man die Gemeinde an der Etsch, dem zweitgrößten Fluss Italiens, der das Unterland Südtirols in zwei Hälften teilt.